Corona-Krise in Schweden: Die Alten trifft es am härtesten

Heute am 18.6.2020, am  Vorabend zum fröhlichen und geselligen Midsommarafton, dem neben Weihnachten zweitwichtigsten Fest in Schweden, meldet dieses kleine Land mit seinen 10,2 Millionen Einwohnern insgesamt über 5000 Coronatote, was alles andere als ein Grund zum Feiern ist. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl liegt die Todesrate in Schweden knapp unterhalb des Niveaus von Großbritannien, Italien und Spanien auf Platz 7 ( https://www.worldometers.info/coronavirus/ ) und liegt damit noch vor den USA und Frankreich.

Damit hebt sich Schweden von seinen skandinavischen Nachbarn negativ ab. Während Dänemark, Norwegen, Island und Finnland erfolgreich auf eine Eindämmung der Infektionsketten setzte und nun mit viel weniger Toten zur Normalität übergehen können, glaubt Schweden ohne wissenschaftliche Begründung fest daran in kürzester Zeit eine Herdenimmunität zu erreichen. Wenn 60 bis 70% der Bevölkerung immun wären, könnte sich das Virus nicht mehr weiter verbreiten und würde aussterben. Leider kam es nicht dazu, denn bisher besitzen  vielleicht nur 10% der Bevölkerung Antikörper. Genaue Messungen liegen nicht vor, da Schweden für sein Experiment das Testen auf Corona als zu aufwändig und zudem als unnötig erachtete. Um die anvisierten 60% Durchseuchung in weiter Ferne zu erreichen, würde dies hochgerechnet ohne Impfstoff 20.000 bis 30.000 Tote bedeuten, wovon meistens die Alten betroffen wären. Leider ist nicht sicher, ob diese sowohl tödliche als auch riskante Strategie überhaupt aufgeht, da niemand weiß, wie lange ein Immunität nach einer Covid-19-Erkrankung anhalten würde. Bei SARS-1 und MERS, beides Corona-Erkrankungen, waren es zwei bis drei Jahre. Bei Covid-19 mit seinen rätselhaften Symptomen, die bei jedem Betroffenen unterschiedlich ausfallen können, kann es aber ganz anders liegen. Schweden hält trotz der negativen Ergebnisse weiterhin fest an seiner waghalsigen Vorgehensweise, die nach den bisherigen weltweiten Erfahrungen mit Covid-19 zum Scheitern verurteilt ist.

Ein Ende der Corona-Krise ist in Schweden derzeit nicht absehbar. Die Zukunft empfinden die meisten Schweden als ungewiss.  Aus Angst vor  dem Jobverlust bei unzureichender Arbeitslosenversicherungen und einem wirtschaftlichem Abschwung ohne finanzielle Reserven ist bei den allermeisten Schweden das Kaufverhalten zurückhaltend. Vielen Einzelhandelsgeschäften droht die Pleite, obwohl es für sie nie Restriktionen gab. Die Strategie der Herdenimmunität ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe. Sie ist auch ein volkswirstschaftliches Fiasko.

Schwedenurlaub mit Corona als Zugabe: Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle. 3,5 Millionen Deutsche besuchen in normalen Zeiten Schweden. Doch viele Touristen aus dem Ausland nehmen Abstand von einem Schwedenurlaub, da ihnen nach der Heimreise ein Quarantäne droht. Und wer in Schweden erkrankt, darf  wegen seines maroden staatlichen Gesundheitssystems nicht auf Hilfe hoffen. Wer an Corona erkrankt, soll sich daheim auskurieren. Erst bei akuter Atemnot kommt ein Krankenhausaufenthalt in Erwägung. Doch selbst Patienten, die Blut husteten oder kurz vor dem Ersticken standen, wurde der Krankenhausaufenthalt verwehrt. Darüber entscheidet die Person in der Notrufzentrale. Diese Ferndiagnosen endeten nicht selten tödlich.  Schweden hat ein staatliches Gesundheitssystem. Es gibt so gut wie keine privat niedergelassene Hausärzte, an die man sich als Patient in der Not vertrauensvoll wenden kann und welche gegebenenfalls für einen den Krankenwagen rufen würden.

Ein Großteil der schwedischen Corona-Opfer verstarb in Alters- und Pflegeheimen. Gleichzeitig musste das bereits vor der Coronakrise chronisch überlastete schwedische Gesundheitssystem bis jetzt über 70.000 Operationen aufschieben und es ist kein Ende in Sicht. Davon ist wieder hauptsächlich die ältere Generation betroffen.

Laut https://www.svt.se/datajournalistik/har-sprider-sig-coronaviruset/ sind die allermeisten Corona-Toten über 70 Jahre alt und ab 60 nimmt das Sterberisiko deutlich zu.

Pensionen in Gefahr: Außerdem droht auch Schweden eine lang anhaltende Wirtschaftskrise. Da sich die schwedischen Alterspensionen hauptsächlich über Fonds zusammensetzen, drohen den eh schon knapp gehaltenen Renten Pensionskürzungen. Je schlechter die Wirtschaft läuft, desto geringer fallen die Pensionen aus. Vor Jahrzehnten wurde die Witwenrente abgeschafft. Stirbt ein Ehepartner, fällt die komplette Rente des Verstorbenen weg. In Großstädten kann dann oft die gemeinsame Mietwohnung vom Hinterbliebenen nicht mehr getragen werden. Es droht Altersarmut und im schlimmsten Fall jenen Obdachlosigkeit, die sich im Umgang mit den Sozialbehörden unbeholfen anstellen und sonst kein familiäres Netzwerk mehr besitzen. Davon gibt es in einer Gesellschaft aus vereinsamten Individualisten ohne Netzwerk, die sich ihr ganzes Leben auf den schwedischen Sozialstaat verlassen haben, der sich angeblich von der Wiege bis zur Bahre um einen kümmert, genug.

Der Weg ins Altersheim: In Schweden ist es üblich ältere Menschen so lange daheim zu pflegen wie es nur geht. Es ist unüblich, dass Verwandte und die Kinder der Pflegebedürftigen die Betreuung übernehmen, denn dafür besteht auf Grund der hohen Erwerbsquote beiderlei Geschlechts keine Zeit. Ältere Menschen leben meistens alleine in ihren Häusern oder Wohnungen. Das Konzept der aus mehreren Generationen bestehenden Großfamilie unter einem Dach fehlt in Schweden. Die Pflege übernehmen mobile Pflegedienste. Ihre Betreiber sind entweder die zuständige Kommune oder private Einrichtungen, die im Auftrag der Kommunen handeln. In meiner Straße macht schon ein großer Anteil des Straßenverkehrs der mobile Pflegedienst aus, welcher mehrmals täglich verschiedene Einfamilienhäuser besucht, in denen nur noch eine Person lebt.

Erst in der  Endphase des Lebens ist eine Einweisung in ein Altersheim üblich, das eher an ein Pflegeheim erinnert. Fortgeschrittene Demenz ist eine häufige Ursache für diesen Schritt zu sein.

Betreutes Wohnen: Früher war das betreute Wohnen in Schweden sehr beliebt. Ich durfte vor über 20 Jahren selbst einmal eine solche Wohnanlage besuchen. Die Pensionäre hatten ähnlich wie in Deutschland in einem großen Wohnkomplex kleine Wohnungen für sich alleine oder als Ehepaare. Angrenzende Gemeinschaftsräume bieten Gelegenheit für soziale Kontakte, die sehr wichtig und beliebt sind, um der Vereinsamung im Alter entgegenzuwirken. Ein Nachteil sind die relativ hohen Kosten im Vergleich zum mobilen Pflegedienst.

Die Kosten dafür müssen auf jeden Fall die Gemeinden tragen. Durch die Überalterung der schwedischen Gesellschaft nimmt dieser Ausgabeposten zu. Zudem sind die Gemeinden durch die hohe Langzeit-Arbeitslosigkeit unter den Flüchtlingen in einer besonders finanziell angespannten Lage. Die Gemeindekassen müssen die Sozialhilfe für die Flüchtlinge tragen. Viele der Flüchtlinge sind Analphabeten und es besteht für sie kaum eine Chance je einen Fuß in die schwedische Gesellschaft durch eine reguläre Festanstellung zu erlangen.

Für die Gemeinden gibt es allerdings einen Ausweg. Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge werden vom Staat und nicht von den Gemeinden großzügig unterstützt. Deshalb werden regelmäßig Wohnanlagen für das betreute Wohnungen in Unterkünfte für Flüchtlinge umgewandelt. Die Gemeinde kann dann vereinfacht ausgedrückt diese Unterkünfte an den Staat vermieten und somit Einkünfte generieren. Die Alten müssen weichen und werden in die umliegenden Einrichtungen verteilt, wodurch das gewohnte Umfeld und die gewachsene Gemeinschaft zerstört wird. Diese Umstellung verkraften viele nicht mehr und erfahren eine hohe Stresssituation, dass sie an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall versterben.

Den Alten erzählt man die Gebäude seien baufällig und nur durch eine Totalsanierung, welche mehrere Jahre dauert, zu retten. Tatsächlich ziehen wenige  Wochen nach der Räumung die ersten Flüchtlinge ein.

Keine lebensrettende Sauerstofftherapie für an Corona Erkrankte: Viele schwer an Covid-19 Erkrankte lassen sich durch eine Sauerstofftherapie retten, die sie einige Tage erhalten. Den Patienten steckt man zwei Schläuche in die Nase oder zieht ihnen eine Sauerstoffmaske auf. Dann dreht man den Hahn auf. Für die Bedienung der Geräte bedarf es keiner Fachkräfte. Jedes Kind kann es, wie es viele Ärzte bestätigen.

Siehe zur unterlassenen Behandlung mit Sauerstoff auch https://lakartidningen.se/aktuellt/nyheter/2020/05/ivo-granskar-efter-debatt-om-syrgas/ und den dort verlinkten Artikel zu Dagens Nyheter.

Doch wie geht Schweden damit um, obwohl die dafür notwendigen Geräte und der Sauerstoff immer ausreichend vorhanden war? Es wurde behauptet dafür benötige man eine komplizierte Ausbildung. Sauerstoff sei zudem gefährlich und es bestünde Brandgefahr. Die schwer an Covid-19 erkrankten Patienten in den Pflegeheimen wurden weder in die Krankenhäuser überwiesen noch bekamen sie die oft einfach und kostengünstig durchzuführende Sauerstofftherapie, welche viele Leben hätte retten können. Stattdessen gibt es in den Pflegeheimen als palliative Maßnahme die übliche Mischung aus Morphinen und Beruhigungsmitteln, um die Schmerzen und die Angstzustände zu nehmen. Normalerweise ist dies eine ethisch einwandfreie Maßnahme um das Sterben zu erleichtern, wenn keine medizinischen Maßnahmen mehr das Leben retten können. Allerdings weiß jeder Arzt, dass Morphine den Willen zu Atmen dämpfen. Morphine erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient nicht überlebt, obwohl er vielleicht noch hätte überleben können. Der Tod wird billigend in Kauf genommen oder sogar noch forciert. Juristen können sich nun darüber streiten, ob es sich um eine Straftat handelt und wenn ja, um welche, da eine lebensrettende Hilfe problemlos mit einem vertretbaren Aufwand möglich wäre. Den Pflegekräften trifft keine Schuld. Oft haben sie keinerlei Ausbildung und sind noch nicht einmal der schwedischen Sprache mächtig. Wer übrigens trotz Sauerstofftherapie sterben sollte, stirbt an einem zu hohen Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut, was euphorische Gefühle erzeugt. Bergarbeiter in Kohlebergwerken kennen die trügerische Gefahr eine Vergiftung an Kohlenstoffdioxid nicht zu bemerken und daran glücklich zu sterben.

Laut internen Dokumenten (siehe die Verlinkungen auf Youtube des nachfolgenden Videos) entscheiden die Vorerkrankungen darüber, welche in der Patientenakte vermerkt ist, ob medizinischen Maßnahmen einem Corona-Patienten zustehen. Über Leben und Tod wird nach Aktenlage entschieden.


Dr. Tallinger (rechts), ein Arzt aus Schweden, im Interview mit Dr. John Campbell (links) zum Thema Schutzmasken und verweigerter Behandlung mit Sauerstoff in Schweden. Dieses erschütternde Interview ist auf Englisch.

Entscheidend dabei ist das fortgeschrittene biologische Alter.  Die große Befürchtung dabei ist, dass Menschen mit dem Down-Syndrom eine Behandlung verweigert wird, da sie biologisch vorzeitig gealtert sind und an zahlreichen weiteren Erkrankungen leiden. Erst lässt man die Alten sterben, dann sinkt die Hemmschwelle die Eugenik wieder einzuführen, wie sie in den 1930er-Jahren in Schweden und anderen skandinavischen Ländern praktiziert wurde.

Laut Dr. Tallinger soll der schwedische Staats-Epidemiologe Anders Tegnell in einer Vidoekonferenz mit indischen Behördenvertretern versucht haben Indien davon zu überzeugen den schwedischen Weg einzuschlagen. Zum Glück hat Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern nicht auf die versuchte politische Einflussnahme Tegnells gehört, was rein rechnerisch für mindestens 39 Millionen Menschen den Tod bedeutet hätte (0,5% Todesrate * 60% Durchseuchung * 1,3 Milliarden Einwohner).

Auch hat sich Schweden von  Südkorea beraten lassen, das bereits Erfahrungen mit SARS-1 und MERS hatte. Die  Südkoreaner setzen neben dem Tragen von  Schutzmasken konsequent auf das Testen, Aufspüren und Isolieren. Übrigens hatte Südkorea nie einen Lockdown eingeführt. Trotzdem sind dort die Fallzahlen sehr gering. Schweden musste einen hohen Preis für seine Hoffnung bezahlen durch Untätigkeit eine Herdenimmunität zu erreichen.

Wozu Schutzmasken in Schweden? In einer breit angelegten staatlichen „Aufklärungskampagne“ wurde der Bevölkerung die angebliche Nutzlosigkeit von Schutzmasken erklärt. Sie würden durch ein schnelles Durchnässen ihre Wirkung in kürzester Zeit verlieren und zudem noch als Nährboden für gefährliche Bakterien dienen. Leider scheint die Mehrheit der Bevölkerung diesen offensichtlich gefährlichen  Unfug noch zu glauben, denn fast niemand trägt Schutzmasken in den Geschäften. Viel zu wenige fragen sich kritisch, warum Schutzmasken verschiedenster Ausführung je nach Einsatzzweck zum medizinischen Standard gehören. Sie wurden vor über 100 Jahren bei der Spanischen Grippe eingeführt, weil sie nachweislich vor Ansteckung schützen. Damals wusste man noch nicht, das es sich um Viren handelte, da diese erst dank des Elektronenmikroskops in den 1930er-Jahren entdeckt werden konnten. Die Wirkung von Schutzmasken ist in der Medizin unbestritten. Nur deshalb werden sie eingesetzt.

Deshalb schrieb die schwedische Gesundheitsbehörde den Pflegekräften der Alten- und Pflegeheimen auch das Tragen von Visieren und Schutzmasken vor. Die Arbeitsschutzbehörde war allerdings anderer Ansicht und sah das  Tragen von Visieren als ausreichend an, um „unangenehme Diskussionen“ über Schutzmasken zu vermeiden, wie es in einem internen E-Mail-Verkehr lautete. Nach dem schwedischen Arbeitsrecht stellt dies eigentlich eine Straftat dar, wenn der Arbeitgeber die notwendigen Schutzmaßnahmen verweigert. Eine Arbeitgeber sollen sogar den Pflegekräften mit Entlassungen gedroht haben, wenn sie Schutzmasken verwenden würden. Laut dem Staats-Epidemiologen Anders Tegnell gehört das Tragen von Schutzmasken, wie es die WHO vorschlägt und im Rest der Welt praktiziert wird, nicht zur schwedischen Strategie. Was die Strategie Schwedens ist, wird in der Öffentlichkeit nicht erklärt. Die Sitzungsergebnisse der Gesundheitsbehörde sind geheim, obwohl nach dem schwedischen Öffentlichkeitsprinzip jeder Bürger ohne Angabe von Gründen Akteneinsicht zu gewähren ist.

Fazit: Schweden, das sich nach seiner Selbstdarstellung gerne im Ausland rühmt eine humanitäre Supermacht zu sein, erlebt derzeit noch weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit seinen größten Skandal der Nachkriegszeit, welche die Menschenwürde betrifft. Die ethische Reife einer Gesellschaft lässt sich danach beurteilen, wie sie mit seinen Kranken und Alten umgeht.

Ich hoffe inständig im Sinne der Menschlichkeit, dass dieser Skandal so bald und so umfassend und schonungslos wie nur möglich aufgerollt wird, damit sich Geschichte nicht wiederholen kann.