Deutsche Welle im Interview mit der schwedischen Außenministerin Ann Linde

Die schwedische Außenministerin Ann Linde stellt sich den unangenehmen Fragen der Deutschen Welle in einem Interview zur schwedischen Corona-Strategie:

Sowohl die Kommentare auf Youtube ( https://youtu.be/4bCTt3PAPVU ) zum Interview als auch das internationale Medienecho sind für Ann Linde nicht schmeichelhaft. Manchmal weist sich sogar die Interviewerin zurecht, was für eine Außenministerin einer PR-Katastrophe nahekommt.

Ann Linde erklärt die hohen Todeszahlen in den Alten- und Pflegeheimen mit dem hohen Grad der Privatisierung. Tatsächlich sind nur 5% der schwedischen Alten- und Pflegeheime in privaten Händen. Hier wurde in sozialistischer Tradition der Versuch unternommen das Staatsversagen zu vertuschen und der Marktwirtschaft in die Schuhe zu schieben. In Schweden gehören die Alten- Pflegeheime in den Verantwortungsbereich der Kommunen, während die Krankenhäuser und Polikliniken zum Aufgabenfeld der Regionen (län) zu zählen sind.

Insbesondere griff der Parteivorsitzende Ulf Kristersson der Moderaterna Ann Linde scharf an. Ein paar Beispiele aus der schwedischen Presse:

https://www.expressen.se/nyheter/kristerssons-kritik-mot-ann-linde-arrogant/

https://www.aftonbladet.se/nyheter/a/9vPgrE/ulf-kristersson-till-attack-mot-ann-linde-efter-tv-intervju

https://omni.se/kristersson-om-lindes-intervju-arroganta-svar/a/zGaRew

https://www.fplus.se/kristersson-om-lindes-intervju-arroganta-svar/a/8mnb1A

Im Kern behauptet Ulf Kristersson auf Facebook, dass Ann Linds Auftritt für Schweden negativ war. Ihre Antworten über die Anzahl der schwedischen Corona-Toten waren arrogant und voller Selbstgerechtigkeit. Außerdem meint Kristersson, dass die Informationen über die schwedische Corona-Strategie sehr schwammig gehalten waren. Kristersson: “ Für ein Land, dessen Hälfte seines Bruttoinlandsproduktes auf den Export beruht, ist das Vertrauen und der Respekt im Ausland ein entscheidender Vorteil. Alleine deshalb müssen wir die Besorgnis unserer Nachbarländer ernst nehmen.“ Weiterhin fragt sich Kristersson, welche Pläne die Regierung unternimmt, damit Schweden wieder das Vertrauen im Ausland gewinnt.

Das Bild von Schweden im Ausland ist eine sehr wichtige Frage in  der schwedischen Denkweise. Oft wird dabei nicht streng zwischen der unangenehmen Wirklichkeit und der beschönigenden Selbstdarstellung unterschieden, wenn es darum geht das kleine und unbedeutende Schweden als eine humanitäre Supermacht im Ausland als Vorbildfunktion für den Rest der Welt zu verkaufen.

Henrik Jönsson ist auf seinem Youtube-Kanal mit seinem Video „SVERIGE-LÖGNEN: Postmodernismens potemkin-kulisser“ ( Die Schweden-Lüge: Die potemkinschen Dörfer des Postmodernismus) nachgegangen:

Ein englischer Untertitel ist zuschaltbar.

Schweden ist ein Paradoxon mit zwei ganz unterschiedlichen Seiten. Wer auf dem Land oder in einer Kleinstadt wohnt, erlebt Schweden als ein Paradies mit seinen freundlichen und gelassenen Menschen, die einen lächelnd grüßen. Schweden zeigt sich dort mit seiner wunderschönen Landschaft, die eine von Hektik befreite Ruhe ausstrahlt. Die kleinen schmucken Häuser, die sich in die Natur einbetten, verbreiten ein Gefühl von Harmonie und  heiterer Gelassenheit.

Wer allerdings den Alltag in den Krankenhäusern und Schulen erlebt oder in den grauen Plattenbausiedlungen der Vororte wohnt und dort die tägliche Gewalt auf den Straßen wahrnimmt, befindet sich in einer ganz anderen Situation, die manchmal an eine dyspotische Welt erinnert, wenn von Jugendbanden parkende Autos abefackelt werden, wenn sich Drogenbanden gegenseitig auf offener Straße beschießen oder wenn Wohnungen, Geschäfte, Restaurants und Hauseingänge in die Luft gesprengt werden, um die Konkurrenz einzuschüchtern.

Die öffentlich artikulierten Standardsätze mancher regierungsnahen Politiker lauten regelmäßig:

„Vi såg det inte komma.“ – Wir haben es nicht kommen sehen.
„Vi var naiva.“ – Wir waren naiv.
„Jag vet inte.“ – Ich weiß nicht.

Schneidet Schweden im Vergleich zum Ausland schlecht ab, lautet das Totschlagargument:

„Man kan inte jämföra äpplen med päron.“ – Man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.“

Auf jeden Fall kann ein Land und seine Politik nicht ewig die Strategie durchhalten sich selbst und anderen etwas vorzumachen, wenn langsam aber sicher so ziemlich alles den Bach heruntergeht.

Corona-Krise in Schweden: Die Alten trifft es am härtesten

Heute am 18.6.2020, am  Vorabend zum fröhlichen und geselligen Midsommarafton, dem neben Weihnachten zweitwichtigsten Fest in Schweden, meldet dieses kleine Land mit seinen 10,2 Millionen Einwohnern insgesamt über 5000 Coronatote, was alles andere als ein Grund zum Feiern ist. Umgerechnet auf die Einwohnerzahl liegt die Todesrate in Schweden knapp unterhalb des Niveaus von Großbritannien, Italien und Spanien auf Platz 7 ( https://www.worldometers.info/coronavirus/ ) und liegt damit noch vor den USA und Frankreich.

Damit hebt sich Schweden von seinen skandinavischen Nachbarn negativ ab. Während Dänemark, Norwegen, Island und Finnland erfolgreich auf eine Eindämmung der Infektionsketten setzte und nun mit viel weniger Toten zur Normalität übergehen können, glaubt Schweden ohne wissenschaftliche Begründung fest daran in kürzester Zeit eine Herdenimmunität zu erreichen. Wenn 60 bis 70% der Bevölkerung immun wären, könnte sich das Virus nicht mehr weiter verbreiten und würde aussterben. Leider kam es nicht dazu, denn bisher besitzen  vielleicht nur 10% der Bevölkerung Antikörper. Genaue Messungen liegen nicht vor, da Schweden für sein Experiment das Testen auf Corona als zu aufwändig und zudem als unnötig erachtete. Um die anvisierten 60% Durchseuchung in weiter Ferne zu erreichen, würde dies hochgerechnet ohne Impfstoff 20.000 bis 30.000 Tote bedeuten, wovon meistens die Alten betroffen wären. Leider ist nicht sicher, ob diese sowohl tödliche als auch riskante Strategie überhaupt aufgeht, da niemand weiß, wie lange ein Immunität nach einer Covid-19-Erkrankung anhalten würde. Bei SARS-1 und MERS, beides Corona-Erkrankungen, waren es zwei bis drei Jahre. Bei Covid-19 mit seinen rätselhaften Symptomen, die bei jedem Betroffenen unterschiedlich ausfallen können, kann es aber ganz anders liegen. Schweden hält trotz der negativen Ergebnisse weiterhin fest an seiner waghalsigen Vorgehensweise, die nach den bisherigen weltweiten Erfahrungen mit Covid-19 zum Scheitern verurteilt ist.

Ein Ende der Corona-Krise ist in Schweden derzeit nicht absehbar. Die Zukunft empfinden die meisten Schweden als ungewiss.  Aus Angst vor  dem Jobverlust bei unzureichender Arbeitslosenversicherungen und einem wirtschaftlichem Abschwung ohne finanzielle Reserven ist bei den allermeisten Schweden das Kaufverhalten zurückhaltend. Vielen Einzelhandelsgeschäften droht die Pleite, obwohl es für sie nie Restriktionen gab. Die Strategie der Herdenimmunität ist nicht nur eine humanitäre Katastrophe. Sie ist auch ein volkswirstschaftliches Fiasko.

Schwedenurlaub mit Corona als Zugabe: Der Tourismus ist eine wichtige Einnahmequelle. 3,5 Millionen Deutsche besuchen in normalen Zeiten Schweden. Doch viele Touristen aus dem Ausland nehmen Abstand von einem Schwedenurlaub, da ihnen nach der Heimreise ein Quarantäne droht. Und wer in Schweden erkrankt, darf  wegen seines maroden staatlichen Gesundheitssystems nicht auf Hilfe hoffen. Wer an Corona erkrankt, soll sich daheim auskurieren. Erst bei akuter Atemnot kommt ein Krankenhausaufenthalt in Erwägung. Doch selbst Patienten, die Blut husteten oder kurz vor dem Ersticken standen, wurde der Krankenhausaufenthalt verwehrt. Darüber entscheidet die Person in der Notrufzentrale. Diese Ferndiagnosen endeten nicht selten tödlich.  Schweden hat ein staatliches Gesundheitssystem. Es gibt so gut wie keine privat niedergelassene Hausärzte, an die man sich als Patient in der Not vertrauensvoll wenden kann und welche gegebenenfalls für einen den Krankenwagen rufen würden.

Ein Großteil der schwedischen Corona-Opfer verstarb in Alters- und Pflegeheimen. Gleichzeitig musste das bereits vor der Coronakrise chronisch überlastete schwedische Gesundheitssystem bis jetzt über 70.000 Operationen aufschieben und es ist kein Ende in Sicht. Davon ist wieder hauptsächlich die ältere Generation betroffen.

Laut https://www.svt.se/datajournalistik/har-sprider-sig-coronaviruset/ sind die allermeisten Corona-Toten über 70 Jahre alt und ab 60 nimmt das Sterberisiko deutlich zu.

Pensionen in Gefahr: Außerdem droht auch Schweden eine lang anhaltende Wirtschaftskrise. Da sich die schwedischen Alterspensionen hauptsächlich über Fonds zusammensetzen, drohen den eh schon knapp gehaltenen Renten Pensionskürzungen. Je schlechter die Wirtschaft läuft, desto geringer fallen die Pensionen aus. Vor Jahrzehnten wurde die Witwenrente abgeschafft. Stirbt ein Ehepartner, fällt die komplette Rente des Verstorbenen weg. In Großstädten kann dann oft die gemeinsame Mietwohnung vom Hinterbliebenen nicht mehr getragen werden. Es droht Altersarmut und im schlimmsten Fall jenen Obdachlosigkeit, die sich im Umgang mit den Sozialbehörden unbeholfen anstellen und sonst kein familiäres Netzwerk mehr besitzen. Davon gibt es in einer Gesellschaft aus vereinsamten Individualisten ohne Netzwerk, die sich ihr ganzes Leben auf den schwedischen Sozialstaat verlassen haben, der sich angeblich von der Wiege bis zur Bahre um einen kümmert, genug.

Der Weg ins Altersheim: In Schweden ist es üblich ältere Menschen so lange daheim zu pflegen wie es nur geht. Es ist unüblich, dass Verwandte und die Kinder der Pflegebedürftigen die Betreuung übernehmen, denn dafür besteht auf Grund der hohen Erwerbsquote beiderlei Geschlechts keine Zeit. Ältere Menschen leben meistens alleine in ihren Häusern oder Wohnungen. Das Konzept der aus mehreren Generationen bestehenden Großfamilie unter einem Dach fehlt in Schweden. Die Pflege übernehmen mobile Pflegedienste. Ihre Betreiber sind entweder die zuständige Kommune oder private Einrichtungen, die im Auftrag der Kommunen handeln. In meiner Straße macht schon ein großer Anteil des Straßenverkehrs der mobile Pflegedienst aus, welcher mehrmals täglich verschiedene Einfamilienhäuser besucht, in denen nur noch eine Person lebt.

Erst in der  Endphase des Lebens ist eine Einweisung in ein Altersheim üblich, das eher an ein Pflegeheim erinnert. Fortgeschrittene Demenz ist eine häufige Ursache für diesen Schritt zu sein.

Betreutes Wohnen: Früher war das betreute Wohnen in Schweden sehr beliebt. Ich durfte vor über 20 Jahren selbst einmal eine solche Wohnanlage besuchen. Die Pensionäre hatten ähnlich wie in Deutschland in einem großen Wohnkomplex kleine Wohnungen für sich alleine oder als Ehepaare. Angrenzende Gemeinschaftsräume bieten Gelegenheit für soziale Kontakte, die sehr wichtig und beliebt sind, um der Vereinsamung im Alter entgegenzuwirken. Ein Nachteil sind die relativ hohen Kosten im Vergleich zum mobilen Pflegedienst.

Die Kosten dafür müssen auf jeden Fall die Gemeinden tragen. Durch die Überalterung der schwedischen Gesellschaft nimmt dieser Ausgabeposten zu. Zudem sind die Gemeinden durch die hohe Langzeit-Arbeitslosigkeit unter den Flüchtlingen in einer besonders finanziell angespannten Lage. Die Gemeindekassen müssen die Sozialhilfe für die Flüchtlinge tragen. Viele der Flüchtlinge sind Analphabeten und es besteht für sie kaum eine Chance je einen Fuß in die schwedische Gesellschaft durch eine reguläre Festanstellung zu erlangen.

Für die Gemeinden gibt es allerdings einen Ausweg. Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge werden vom Staat und nicht von den Gemeinden großzügig unterstützt. Deshalb werden regelmäßig Wohnanlagen für das betreute Wohnungen in Unterkünfte für Flüchtlinge umgewandelt. Die Gemeinde kann dann vereinfacht ausgedrückt diese Unterkünfte an den Staat vermieten und somit Einkünfte generieren. Die Alten müssen weichen und werden in die umliegenden Einrichtungen verteilt, wodurch das gewohnte Umfeld und die gewachsene Gemeinschaft zerstört wird. Diese Umstellung verkraften viele nicht mehr und erfahren eine hohe Stresssituation, dass sie an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall versterben.

Den Alten erzählt man die Gebäude seien baufällig und nur durch eine Totalsanierung, welche mehrere Jahre dauert, zu retten. Tatsächlich ziehen wenige  Wochen nach der Räumung die ersten Flüchtlinge ein.

Keine lebensrettende Sauerstofftherapie für an Corona Erkrankte: Viele schwer an Covid-19 Erkrankte lassen sich durch eine Sauerstofftherapie retten, die sie einige Tage erhalten. Den Patienten steckt man zwei Schläuche in die Nase oder zieht ihnen eine Sauerstoffmaske auf. Dann dreht man den Hahn auf. Für die Bedienung der Geräte bedarf es keiner Fachkräfte. Jedes Kind kann es, wie es viele Ärzte bestätigen.

Siehe zur unterlassenen Behandlung mit Sauerstoff auch https://lakartidningen.se/aktuellt/nyheter/2020/05/ivo-granskar-efter-debatt-om-syrgas/ und den dort verlinkten Artikel zu Dagens Nyheter.

Doch wie geht Schweden damit um, obwohl die dafür notwendigen Geräte und der Sauerstoff immer ausreichend vorhanden war? Es wurde behauptet dafür benötige man eine komplizierte Ausbildung. Sauerstoff sei zudem gefährlich und es bestünde Brandgefahr. Die schwer an Covid-19 erkrankten Patienten in den Pflegeheimen wurden weder in die Krankenhäuser überwiesen noch bekamen sie die oft einfach und kostengünstig durchzuführende Sauerstofftherapie, welche viele Leben hätte retten können. Stattdessen gibt es in den Pflegeheimen als palliative Maßnahme die übliche Mischung aus Morphinen und Beruhigungsmitteln, um die Schmerzen und die Angstzustände zu nehmen. Normalerweise ist dies eine ethisch einwandfreie Maßnahme um das Sterben zu erleichtern, wenn keine medizinischen Maßnahmen mehr das Leben retten können. Allerdings weiß jeder Arzt, dass Morphine den Willen zu Atmen dämpfen. Morphine erhöhen somit die Wahrscheinlichkeit, dass der Patient nicht überlebt, obwohl er vielleicht noch hätte überleben können. Der Tod wird billigend in Kauf genommen oder sogar noch forciert. Juristen können sich nun darüber streiten, ob es sich um eine Straftat handelt und wenn ja, um welche, da eine lebensrettende Hilfe problemlos mit einem vertretbaren Aufwand möglich wäre. Den Pflegekräften trifft keine Schuld. Oft haben sie keinerlei Ausbildung und sind noch nicht einmal der schwedischen Sprache mächtig. Wer übrigens trotz Sauerstofftherapie sterben sollte, stirbt an einem zu hohen Kohlenstoffdioxidgehalt im Blut, was euphorische Gefühle erzeugt. Bergarbeiter in Kohlebergwerken kennen die trügerische Gefahr eine Vergiftung an Kohlenstoffdioxid nicht zu bemerken und daran glücklich zu sterben.

Laut internen Dokumenten (siehe die Verlinkungen auf Youtube des nachfolgenden Videos) entscheiden die Vorerkrankungen darüber, welche in der Patientenakte vermerkt ist, ob medizinischen Maßnahmen einem Corona-Patienten zustehen. Über Leben und Tod wird nach Aktenlage entschieden.


Dr. Tallinger (rechts), ein Arzt aus Schweden, im Interview mit Dr. John Campbell (links) zum Thema Schutzmasken und verweigerter Behandlung mit Sauerstoff in Schweden. Dieses erschütternde Interview ist auf Englisch.

Entscheidend dabei ist das fortgeschrittene biologische Alter.  Die große Befürchtung dabei ist, dass Menschen mit dem Down-Syndrom eine Behandlung verweigert wird, da sie biologisch vorzeitig gealtert sind und an zahlreichen weiteren Erkrankungen leiden. Erst lässt man die Alten sterben, dann sinkt die Hemmschwelle die Eugenik wieder einzuführen, wie sie in den 1930er-Jahren in Schweden und anderen skandinavischen Ländern praktiziert wurde.

Laut Dr. Tallinger soll der schwedische Staats-Epidemiologe Anders Tegnell in einer Vidoekonferenz mit indischen Behördenvertretern versucht haben Indien davon zu überzeugen den schwedischen Weg einzuschlagen. Zum Glück hat Indien mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern nicht auf die versuchte politische Einflussnahme Tegnells gehört, was rein rechnerisch für mindestens 39 Millionen Menschen den Tod bedeutet hätte (0,5% Todesrate * 60% Durchseuchung * 1,3 Milliarden Einwohner).

Auch hat sich Schweden von  Südkorea beraten lassen, das bereits Erfahrungen mit SARS-1 und MERS hatte. Die  Südkoreaner setzen neben dem Tragen von  Schutzmasken konsequent auf das Testen, Aufspüren und Isolieren. Übrigens hatte Südkorea nie einen Lockdown eingeführt. Trotzdem sind dort die Fallzahlen sehr gering. Schweden musste einen hohen Preis für seine Hoffnung bezahlen durch Untätigkeit eine Herdenimmunität zu erreichen.

Wozu Schutzmasken in Schweden? In einer breit angelegten staatlichen „Aufklärungskampagne“ wurde der Bevölkerung die angebliche Nutzlosigkeit von Schutzmasken erklärt. Sie würden durch ein schnelles Durchnässen ihre Wirkung in kürzester Zeit verlieren und zudem noch als Nährboden für gefährliche Bakterien dienen. Leider scheint die Mehrheit der Bevölkerung diesen offensichtlich gefährlichen  Unfug noch zu glauben, denn fast niemand trägt Schutzmasken in den Geschäften. Viel zu wenige fragen sich kritisch, warum Schutzmasken verschiedenster Ausführung je nach Einsatzzweck zum medizinischen Standard gehören. Sie wurden vor über 100 Jahren bei der Spanischen Grippe eingeführt, weil sie nachweislich vor Ansteckung schützen. Damals wusste man noch nicht, das es sich um Viren handelte, da diese erst dank des Elektronenmikroskops in den 1930er-Jahren entdeckt werden konnten. Die Wirkung von Schutzmasken ist in der Medizin unbestritten. Nur deshalb werden sie eingesetzt.

Deshalb schrieb die schwedische Gesundheitsbehörde den Pflegekräften der Alten- und Pflegeheimen auch das Tragen von Visieren und Schutzmasken vor. Die Arbeitsschutzbehörde war allerdings anderer Ansicht und sah das  Tragen von Visieren als ausreichend an, um „unangenehme Diskussionen“ über Schutzmasken zu vermeiden, wie es in einem internen E-Mail-Verkehr lautete. Nach dem schwedischen Arbeitsrecht stellt dies eigentlich eine Straftat dar, wenn der Arbeitgeber die notwendigen Schutzmaßnahmen verweigert. Eine Arbeitgeber sollen sogar den Pflegekräften mit Entlassungen gedroht haben, wenn sie Schutzmasken verwenden würden. Laut dem Staats-Epidemiologen Anders Tegnell gehört das Tragen von Schutzmasken, wie es die WHO vorschlägt und im Rest der Welt praktiziert wird, nicht zur schwedischen Strategie. Was die Strategie Schwedens ist, wird in der Öffentlichkeit nicht erklärt. Die Sitzungsergebnisse der Gesundheitsbehörde sind geheim, obwohl nach dem schwedischen Öffentlichkeitsprinzip jeder Bürger ohne Angabe von Gründen Akteneinsicht zu gewähren ist.

Fazit: Schweden, das sich nach seiner Selbstdarstellung gerne im Ausland rühmt eine humanitäre Supermacht zu sein, erlebt derzeit noch weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit seinen größten Skandal der Nachkriegszeit, welche die Menschenwürde betrifft. Die ethische Reife einer Gesellschaft lässt sich danach beurteilen, wie sie mit seinen Kranken und Alten umgeht.

Ich hoffe inständig im Sinne der Menschlichkeit, dass dieser Skandal so bald und so umfassend und schonungslos wie nur möglich aufgerollt wird, damit sich Geschichte nicht wiederholen kann.

Gedanken zum Corona-Sommer in Schweden

Nach einem verregneten und nasskalten Winter und Frühjahr hat sich endlich der kurze skandinavische Sommer in seiner vollen Pracht angemeldet. Das depressive Grau der letzen Monate ist verschwunden. Die Natur ist ergrünt. Bei angenehmen 20 °C und Schäfchenwolken am Himmel entschied ich mich vorgestern für einen kleinen Waldlauf vor der Haustür. Das in Schweden auch vor Corona verbreitete Homeoffice, womit das Arbeiten von Zuhause gemeint ist, erlaubt es immer mehr Menschen sich diesen Luxus ab und zu auch unter der Woche zu gönnen, wenn das Wetter ausnahmsweise dazu einlädt.

Einsame Parklandschaft vor der Haustür. Die geringe Bevölkerungsdichte Schwedens macht es möglich.
Typische schwedische Wohngegend. Genug Platz um in Coronazeiten Abstand halten zu können. Bewohnt sind diese Häuser überwiegend von alleinstehenden Ehepaaren oder Familien mit Kindern. Es ist in Schweden unüblich, dass sich mehrere Generationen ein Haus teilen.

Ich wohne in einer von Wald und Wiesen umgebenen kleinen Siedlung. Sie als Dorf zu bezeichnen würde falsche Assoziationen wecken. Ihre 400 Einwohner wohnen fast ausschließlich in einstöckigen Einfamilienhäusern mit großen Gartengrundstücken, die überwiegend im Einheitsstil  gehalten sind und in der Fertigbauweise aus Holz in den 1970er Jahren entstanden sind. Die lockere Bebauung auf dem leicht hügeligen Gelände ist durch Gärten und Waldflächen unterbrochen, die durch beleuchtete Fahrrad- und Fußwege miteinander verbunden sind und einen Zugang zu den kaum befahrenen Sackgassen erlauben. Im Sommer ist es manchmal wie im Paradies. Meine Joggingstrecke fängt direkt hinter dem Haus an, führt ein Stück über eine gemeindeeigene Wiese, geht dann durch ein Wäldchen einen Fahrradweg entlang, der direkt zum Minigolfplatz führt, das auch chinesisches Essen anbietet. Von dort geht es weiter in den Wald entlang der Skilanglaufstrecke, die im Winter beleuchtet ist. Nach 40 Minuten komme ich zurück. Getroffen habe in dieser Zeit keine Menschenseele und das Ansteckungsrisiko war mit oder ohne Schutzmaske gleich Null. Trotzdem gehen einem  beim Jogging die Gedanken zu Corona durch den Kopf.

Wegen Corona halten sich meine Frau und ich von Menschen fern. Zwei Meter Abstand halten die meisten ein. Einkaufen gehe ich nur mit einer FFP-Schutzmaske zu Zeiten mit geringen Besucherzahlen in den frühen Morgenstunden. Offenbar bin ich der einzige, der in Schweden eine Maske trägt, wie es die WHO inzwischen empfiehlt, da ich bereits mit über 60 zur Risikogruppe gehöre. Schutzmasken sind knapp in Schweden. Deshalb hat man der Bevölkerung das Tragen von Schutzmasken mit viel journalistischem Geschick ausgeredet, da sie angeblich eine falsche Sicherheit bieten würden und in Südostasien wäre angeblich das Tragen von Schutzmasken in der Öffentlichkeit nur ein Akt der Höflichkeit. Allerdings wurde nicht die Frage beantwortet, warum weltweit medizinisches Personal Schutzmasken in verschiedenen Ausführungen je nach Einsatzzweck einsetzt? Und warum besitzt Finnland ein riesiges Lager mit Millionen von Schutzmasken für den Katastrophenfall, um seine gesamte Bevölkerung schützen zu können?

Als die WHO endlich das Tragen von Schutzmasken empfahl, machte der manchmal zum Volksheld erhobene schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell vor einigen Tagen die Aussage, dass das Tragen von Schutzmasken nicht zur schwedischen Strategie gehöre. Vor ein paar Wochen hieß es noch es gäbe keine ausreichenden wissenschaftliche Beweise zur Schutzwirkung von Masken. Man würde sich nun auf das Testen, Aufspüren und Isolieren konzentrieren. Am Anfang der Krise wurde allerdings auf das umfangreiche Testen verzichtet, da nur Menschen mit Symptomen ansteckend seien. Zudem würde das Testen nur ganz am Anfang einer Epidemie sinnvoll sein. Das deutsche Verhalten wurde sogar damals kritisiert und als unwissenschaftlich bezeichnet. Nach schwedischer Vorstellung sind symptomfreie Patienten immer noch  nicht ansteckend. Inzwischen ist es jedoch wissenschaftlich erwiesen, dass man die ersten zwei Tage vor dem ersten Auftreten der Symptome ansteckend ist und danach noch einige Tage. Während fast überall Einreisende aus China und anderen Risikogebieten für zwei Wochen in Quarantänte gesetzt wurden, reichte es den Schweden deshalb aus einen Fragebogen bei der Einreise auszufüllen, weil man lieber an die bequemere Wahrheit glaubte. Für das Messen von Fieber würden die Kapazitäten nicht ausreichen. Das Schließen von Grenzen ergäbe nach der schwedischen Vorstellung überhaupt keinen Sinn, da sich dann die Reisende andere Wegen suchen würden, die schwerer zu kontrollieren wären. Norwegen und Dänemark haben ihren gemeinsamen Grenzverkehr geöffnet. Die Grenze zu Schweden bleibt geschlossen. Schweden sind in Norwegen und Dänemark nicht willkommen. Schweden fühlt sich diskriminiert. Inzwischen hat die schwedische Bevölkerung auch schön brav gelernt, dass Schutzmasken nach kurzer Zeit angeblich durchnässt seien und somit völlig wirkungslos seien.

Bis jetzt verstehe ich die schwedische Strategie immer noch nicht, welche bei einer Bevölkerung von 10 Millionen Einwohnern zu fast über 4500 Toten geführt hatte. Dies macht Schweden zu einem Hochrisikogebiet. Angeblich gehören die hohen Todesraten zur Strategie, um eine Herdenimmunität zu erreichen, bei der 60 bis 70% der Bevölkerung infiziert sein müssten. Davon ist man noch weit entfernt. Ob das Ziel erreichbar ist, ist fragwürdig, da niemand weiß, wie lange die Immunität besteht. Bei MERS und SARS-1 sind es zwei bis drei Jahre.

Schweden ist für eine weltoffene Gesellschaft. Das Schließen von Grenzen widerspricht der vorherrschenden ideologischen Denkweise. Viel zu spät wurden die Direktflüge aus dem Iran eingestellt. SAS stellte freiwillig seine Flüge von und nach China ein, während mit China Air Direktflüge von China nach Stockholm immer noch mehrmals die Woche stattfanden.

Das Problem mit den knappen Schutzmasken und den fehlenden Schutzanzügen wurde immer prekärer. Eine Krankenhausleitung ordnete an beim Umgang mit Coronapatienten nur Visiere zu tragen und darauf zu achten, dass die Oberarme unbedeckt sind. Prompt meldete sich ein Arbeitsrechtler und ermahnte alle Arbeitgeber dazu dafür Sorge zu tragen die Arbeitsschutzregeln einzuhalten. Ein Verweigerung von Schutzmaßnahmen stellt eine Straftat dar und kann für den Arbeitgeber sogar Gefängnis ohne Bewährung bedeuten.

Die schwedische Behörde für die Sicherheit am Arbeitsplatz sah das anders und verbot Pflegekräften in Altersheimen das Tragen von Schutzmasken.  Sie widersprach damit der Gesundheitsbehörde. Im internen E-Mailverkehr kam als Begründung heraus unangenehme Diskussionen über Schutzmasken vermeiden zu wollen. Gefängnis wird den Staatsbediensteten  wohl nicht drohen, da Olof Palme in 1970er Jahren die juristische Verantwortung für Staatsbedienstete abgeschafft hatte. Diese Regelung hat bis heute Gültigkeit. Sie hat dazu geführt, dass sich alle verantwortlich fühlen sollen, wodurch sich in der Praxis niemand verantwortlich fühlt. Im Zweifelsfall ist immer die andere Behörde oder die andere Abteilung zuständig. Man selbst habe nicht die nötigen Ressourcen und Kompetenzen. Dafür hat Schweden einen der höchsten Steuersätze auf der Welt.

Jedenfalls kam es zu eine Welle von tödlichen Infektionen in schwedischen Pflegeheimen. Den Betroffenen verweigerte man die Zufuhr von Sauerstoff aus der Flasche mit der Begründung das Personal sei dazu nicht ausgebildet. Ein Arzt bestätigte es seien genügend Sauerstoffflaschen vorhanden gewesen und jeder Laie könnte zwei Schläuche in die Nase stecken und den Hahn aufdrehen. Stattdessen gab es für die Patienten nur Schmerzmittel zur Erleichterung des des Ablebens. Wie soll man das nennen? Mord? Euthanasie? Auf jeden Fall ist es ein Skandal.

Und es ist ein Grund mehr sich gesund zu halten und sich nicht anzustecken. Wer sich ansteckt und die typischen Symptome für Corona zeigt soll mit Fieber und Reizhusten keinen Arzt aufsuchen und daheim bleiben. Dafür ist kein Attest mehr für den Arbeitgeber notwendig. Sollte schwere Atemnot auftreten, ist die 112 anzurufen, um den Krankenwagen zu bestellen. Falls die Sauerstoffwerte im Blut zu gering sind, wird eine stationäre Einweisung in Erwägung gezogen. Ansonsten muss man zusehen, wie man in Schweden über die Runden kommt. Lasst uns deshalb den kurzen schwedischen Sommer genießen. Was anderes bleibt uns auch nicht übrig, da viele Länder die Einreise aus Schweden immer noch verbieten oder verbieten werden, wenn das Risiko einer Ansteckung weiterhin auf hohem Niveau verbleibt, womit zu rechnen ist.

Restriktionen sind in Schweden kaum vorhanden. Die Schulen waren nur für die unteren Klassen geschlossen. Kindergärten waren ebenfalls nie geschlossen. In einer Gesellschaft mit einer besonders hohen Erwerbsquote unter Frauen, wäre es schwer gewesen Schulen und Kindergärten generell zu schließen.

Mehr als 50 Menschen dürfen sich nicht treffen. In Restaurants ist das Servieren nur am Tisch gestattet. Die übliche Selbstbedienung ist damit nicht mehr erlaubt. Alle Geschäfte und Friseure dürfen geöffnet haben. Dennoch braucht der Umsatz im Einzelhandel um bis zu 50% ein. Entlassungen im Dienstleistungsbereich waren die Folgen. Ein Pleitewelle droht. Reisen sollten sich als Empfehlung auf nicht mehr als zwei Autostunden beschränken.

Der schwedische Sonderweg hat weder die Wirtschaft entlastet noch die erhoffte Herdenimmunität erreicht. Stattdessen gab es viele unnötige Tote und Erkrankte zu beklagen. Überdurchschnittlich stark betroffen sind die Einwanderer.  Ein Ende der Pandemie ist nicht in Sicht. Die Zukunft von Schweden ist ungewiss.

Fazit: Schweden ist bis jetzt noch einmal glimpflich davongekommen. Die Ursachen dafür sind die geringe  Bevölkerungsdichte und der schwedische Lebensstil, der auf Distanz und Zurückhaltung beruht. Es ist unüblich, dass mehrere Generationen unter einem Dach leben. Auch ist es auf dem Land und in den Kleinstädten nicht üblich sich mal eben so mit Freunden auf eine Pizza oder ein Bier in der Kneipe zu treffen. Das macht man nicht und eine Kneipenkultur ist höchstens in den Großstädten vorhanden. Der Körperabstand ist allgemein größer als in den südlichen Ländern Europas. Auch ist das Schütteln der Hände unüblich.

Anders sieht es in den Plattenbausiedlungen der Vorstädte aus, die einen hohen Anteil von Migranten besitzen. Hier herrschen neben den beengten Wohnverhältnisse andere Kulturkreise vor, in denen ein intensiver Kontakt zwischen den Mitgliedern der  Großfamilien üblich ist. Oft fehlt es an ausreichenden Kenntnissen der Hygiene. Fehlende Kenntnisse der schwedischen Sprache führten zu einer Unkenntnis der Gefahrensituation und in der Folge zu einer überdurchschnittlichen Sterberate. Besonders betroffen waren Einwanderer aus Somalia, bei denen häufige Krankenbesuche und enger Körperkontakt zum Ausdruck der Anteilnahme und Fürsorge gehören.

Was hätte Schweden von Anfang an besser machen können? Es hätte sich z.B. an Südkorea orientieren können, das bereits zwei Ausbrüche mit mit MERS und SARS-1 erfolgreich bekämpfen konnte, ohne einen Lockdown anzuordnen. Sehenswert sind die nachfolgenden Interviews mit dem koreanischen Prof. Kim Woo-Joo, welcher fundiertes Grundlagenwissen über Covid-19 vermittelt:

Da sich die Viren in Clustern konzentriert verbreiten und sich nicht gleichförmig über die Bevölkerung verteilen, ist besonders am Anfang einer Epidemie oder Pandemie das sofortige Testen, Aufspüren und Isolieren die erfolgreichste Methode. Das  Tragen von Schutzmasken an Orten mit viel Kontakt zu fremden Menschen hilft die Ansteckungsgefahr zu mindern. Beides hat Schweden bewusst versäumt oder abgelehnt. Ein Lockdown als Notbremse war in Südkorea dank seines schnellen und konsequenten Handelns nicht notwendig. Die Wahrheit zu berichten ist besser als fadenscheinige Argumente zu verbreiten.

Weitere Quellen über Schwedens Umgang mit Covid-19 (englischer Untertitel einschaltbar):

Durch Island im Geländewagen

Im Juli 2017 unternahmen meine bessere Hälfte und ich eine einwöchige Tour durch das isländische Hochland mit einem Geländewagen.

Wir entschieden uns für die Pauschalreise

https://www.vulkanresor.se/paketresor-island/bilrundresor-island/bilresa-islands-hogland-7-natter

bei einem schwedischen Anbieter, was uns viel Organisationsarbeit ersparte. Der obige Link zeigt auch ungefähr die Karte der damaligen Rundfahrt im Uhrzeigersinn. Mit dem Anbieter waren wir sehr zufrieden. Es gab eine umfangreiche Informationsmappe und eine rund um die Uhr erreichbare Notfallnummer. Die Hotels waren in Ordnung. Dabei sei angemerkt, dass es für die Streckenführung auch keine große Auswahl gibt. Die  Tour war gut durchdacht und Abweichungen von der vorgeschlagenen Route sind möglich, was wir auch stellenweise vornahmen, da uns eher die abseits gelegenen Gebirgsstrecken interessierten. Das Fahren abseits der Pisten ist wegen der dauerhaften Schäden an die Natur strengstens verboten. Parkbuchten sind genügend vorhanden, was an den Reifenspuren zu erkennen ist. Die Mietwagen sind nicht gegen Schäden am Unterboden und Reifenschäden versichert.

Am Flughafen besorgten wir und etwas Bargeld am Automaten. Bezahlen konnten wir fast immer mit unserer schwedischen Visa-Karte.

Ein Geländewagen ist Pflicht, wenn man in das Hochland möchte. Schließlich geht es auch durch Flüsse mit einer Wassertiefe von etwa bis zu einem halben Meter.

Ab hier sind nur Geländewagen mit Allrad-Antrieb erlaubt.


Unsere Wahl fiel auf einen Geländewagen mit Automatik-Getriebe, was nach meinem Geschmack genau die richtige Wahl war, denn das Anfahren und der Schleichgang sind durch den Drehmomentwandler wesentlich leichter zu bewältigen. Und eine Hand hat man immer frei.  Man bekommt vom Vermieter nicht genau das Modell, was man haben möchte. Wir bekamen ein größeres Auto als gebucht.  Wer wählten einen Billiganbieter, dessen Fahrzeugpark schon mehre Jahre auf dem Buckel hat. Unser Fahrzeuge war mit Kratzern und kleinen Dellen übersät, die alle mit kleinen Aufklebern markiert waren, damit wir uns um weitere Lackschäden keine Gedanken machen müssen. Die Schotterstraßen hinterlassen ihre Spuren.

Mitsubishi Outlander, etwa 40.000 km auf dem Tacho, Diesel, Automatik, fährt bequem auf der Landstraße und bis zu 90 km/h ohne ein Gefühl der Unsicherheit auf einer breiten und geraden Schotterpiste ohne Schlaglöcher. Trotzdem bitte vorsichtig fahren und die Landschaft genießen.


Nach Möglichkeit möchte ich hier Bilder vorstellen, die etwas ungewöhnlich sind, denn das Internet ist schon voll von malerischen Landschaften und Wasserfällen, die man zum Schluss der Reise nicht mehr unterscheiden kann.

Nach ein paar Stunden Flug mit Iceland Air von Stockholm  landeten wir in Keflavik. Der Anflug war schon ein Erlebnis, denn eine Weile fliegt man längs der Südküste von  Island.  Interessant war auch der Überflug über Norwegen, wenn der Himmel wolkenfrei ist. Im Flughafen angekommen, merkten wir gleich, dass wir nicht einzigen Touristen sind. Überall Menschenmassen aus allen Ecken der Welt, die die Einsamkeit suchten. Meine Frau hatte zudem das Pfeiffersche Drüsenfieber mit Schluckbeschwerden und leichtem Fieber. Von ärztlicher Seite hieß es, dies sei kein Grund die Reise abzusagen. In Schweden ist man nicht so zimperlich. Es ging zum Glück auch gut, da ich die ersten Tage gefahren bin.

Das Fahren ist abgesehen von Rejkjavik wirklich angenehm. Das an sich schon dünn besiedelte Schweden kommt einem im Vergleich zu Island hektisch und beengt vor. Auffallend ist nach dem ersten Eindruck  die extrem klare Luft und der tiefblaue Himmel. Dafür waren auch im Juli die Temperaturen immer um die 12 °C. Nachts wurde es nicht dunkel. Es war also egal, wann wir aufgestanden und gefahren sind. Durch die Zeitverschiebung von 2 Stunden gegenüber der mitteleuropäischen Sommerzeit gehörten alle europäischen Besucher in den Hotels zu den Frühaufstehern und waren schon um 6 Uhr im Frühstücksraum anzutreffen, was der inneren Uhr zwei Stunden später entspricht. Die Besucher aus Nordamerika waren die Langschläfer.

Am Flughafen heißt es erst einmal Schlange stehen, um sich den Mietwagen abzuholen. Nach kurzer Fahrt entdeckte ich, dass die Motorhaube nicht richtig geschlossen war. Sonst war aber alles in Ordnung. Die Fahrt nach Rejkjavik ins Hotel dauerte vielleicht eine Stunde. Die Autobahn führt an manchen Stellen durch dampfende Geröllfelder. Rejkjavik wirkt durch seine vielen Neubauten wenig attraktiv und erweckt den nüchternen Eindruck einer durchschnittlichen schwedischen Großstadt.

Am Hotel angekommen waren wir froh einen Parkplatz ergattert zu haben.

Das Hotel Baron in Rejkjavik als erste Anlaufstelle mit Parkplatz vor Tür. Warnhinweis im Badezimmer:  „Das heiße Wasser kommt direkt aus dem Boden und ist bis zu 80 °C heiß. Sein Schwefelgehalt fördert die Gesundheit. Das kalte Wasser kommt ebenfalls direkt aus dem Boden ist wegen seines hohen Mineralgehalts ein wunderbares Getränk.“ Auf die Blaue Lagune verzichteten wir deshalb und begnügten uns mit der Badewanne unseres Hotelzimmers.

 

Rejkjaviks nüchterne Architektur als Außenposten Europas.


Frühstück und Abendessen gab es immer im Hotel. Die Preise sind saftig.  Das Essen gut. Alle Hotels hatten kostenloses Internet. Bis auf eine Ausnahme klappte das Telefonieren über VoIP immer. Von Google Maps luden wir uns vor Reiseantritt das Kartenmaterial herunter. Mit GPS kannten wir immer unseren Standort. Für die Übersicht und zur Sicherheit hatten wir noch eine normale Straßenkarte von Island. Verfahren kann man sich kaum, da es nur wenige Straßen gibt.

Als schwedische Staatsbürger waren wir automatisch auf Island krankenversichert, da Island zum Nordischen Rat gehört. Eine Reisekrankenversicherung ist für einen eventuellen Rücktransport dennoch empfehlenswert. Krankenhäuser und Polikliniken sind selten in diesem dünn besiedelten Land.

Mit Englisch kommt man immer durch. Durch Islands Lage mitten im Atlantik orientieren sich sehr viele Isländer kulturell mehr an Nordamerika als an Europa.  Auch für Schweden ist Isländisch bis auf ein paar Wörter in Wort und Schrift unverständlich, obwohl es sich um nordgermanische Sprachen handelt. Isländisch war zu lange isoliert. Als zweite Fremdsprache lernen die Isländer Dänisch in der Schule. Island war einst eine dänische Kolonie. Einige Isländer haben in Schweden studiert.

Internationales  Flair am Barnafoss. Irgendwann kauft China vielleicht ganz Island auf. Oder waren es hier hauptsächlich Japaner?


An die Anzahl der besuchten Wasserfälle des zweiten Tages unserer Reise kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Auf jeden Fall besuchten wir die Hraunfossar und Barnafoss, die in Wikipedia erschöpfend dokumentiert sind. Parkplätze sind vorhanden aber zu den Stoßzeiten manchmal etwas knapp. Amerikanische und kanadische Touristen sind immer für einen kurzen Plausch aufgelegt und sind begeistert von der Natur. Nun, so gesehen kann man sich ja eine Reise in die USA eigentlich sparen.

Am Barnafoss gibt es ein einfaches Selbstbedienungs-Restaurants mit Terasse. Dort gab es einen Teller Fischsuppe für umgerechnet 20 Euro, worauf wir verzichteten. Es ist besser sich für unterwegs mit Verpflegung einzudecken. Wer begnügten uns mit einer Tasse Kaffee und die im Preis inbegriffene Benutzung der Toilette.

Das kleine Restaurant im Stil einer Kantine mit Speisesaal am Barnafoss lädt zu einer Tasse Kaffee auf der Veranda ein. Nach skandinavischer Sitte immer Selbstbedienung. Bezahlt wird vorher an der Kasse wie in einer Betriebskantine.

 

Hier fühlten wir uns auf der Terrasse heimisch, denn wir besitzen genau den gleichen Tisch aus Alu. Allerdings haben wir einen weniger schönen Ausblick und dafür keinen Touristenrummel.


Nachdem der touristische Pflichtteil abgehakt war, ging es endlich in das Hochland. Wir fuhren die 518 Richtung Osten und bogen dann Richtung Süden in die F550 ab.  Auf dieser Strecke sind nur Geländewagen zugelassen. Zur Eingewöhnung ist sie gut geeignet, da sie frei von Furten ist. Hier waren wir auch meistens ganz alleine auf der Piste.

Endlich im Hochland.

 

Die kaum befahrene F550 erlaubt ein zügiges Vorankommen mit gemütlichen 60 bis 70 km/h. Schlaglöcher traten selten auf. Der fast nicht  vorhandene Gegenverkehr erscheint immer plötzlich an den Kuppen.


Von der Ferne sahen wir das Gletschergebiet des Langjökull und wir bogen spontan einen Weg links ab. Dieser führte uns bis an die Gletscherzunge. Wer wollte, konnte dort seine Fahrt mit speziellen Bussen fortsetzen, die direkt in das Gletschergebiet führen. Wir begnügten uns damit mitten im Juli  Schnee unter den Schuhsolen zu spüren und genossen den fantastischen Blick über die Tiefebene hinab ins Tal.

Hier war für unser Fahrzeug Endstation.

 

Solche Busse führen in das Gletschergebiet. Der Reifendruck lässt sich während der Fahrt ändern.

 

Auf der Rückfahrt bot sich ein fantastischer Ausblick über die Hochebene Richtung Westen.

 

Die Kontinentalspalte. Für viele Kurztouristen ein Tagesausflug von Reykjavik entfernt.


Irgendwann waren wir dann an der Kontinentalspalte angelangt. Danach war es nicht mehr weit zum Hotel Edda in Laugarvatn.

Hotel Edda in Laugarvatn. Ein renoviertes Konferenz- und Schulungszentrum im Stil der 1950er Jahre. Die Bilder an der Wand zeugten davon, dass hier auch die Abitursfeiern nach skandinavischer Sitte mit den weißen Mützen stattfinden.


Das, was am Rande erlebt wird, bleibt am besten im Gedächtnis haften. Abendessen gab es in einem großen Speisesaal. Dort war schon eine große Reisegruppe aus Deutschland. Ihr Reiseleiter erklärte die Vorzüge einer organisierten Busreise unter optimaler Ausnutzung der zulässigen Lenkzeiten, um möglichst viele Sehenswürdigkeiten mitzubekommen. Vielleicht machen wir das, wenn wir mal älter sind. Meine Frau wird aber immer seekrank in einem Bus.

Wir durften uns dann zu einem Tisch mit zwei älteren Ehepaaren aus Australien gesellen und hatten mit ihnen einen netten Abend verbracht.

Als wir dann mitten in der Nacht aus dem Hotelzimmer schauten, entdeckten wir auf dem Hotel-Parkplatz ein Auto, dessen Scheinwerfer noch brannten. Im Schlafanzug gingen wir auf den Parkplatz um das Licht auszuschalten. Leider war der Wagen abgeschlossen. Aus der „Geschäftsführung ohne Auftrag„, wie es im Juristendeutsch heißt, wurde also nichts. Und ob ich mich in Island auf deutsches Recht  berufen kann, ist sicherlich fragwürdig. Am nächsten Morgen kam dann jemand mit seinem alten Auto und einem Starthilfekabel vorbei und das Auto des holländischen Touristen lief wieder. Alles ganz unkompliziert auf dem isländischen Land.

Fortsetzung folgt.

 

Schwedens Gemeinden in der Haushaltskrise

Die Stimmung in Schweden war noch im Jahr 2016 euphorisch. Es herrschte nahezu Vollbeschäftigung und die Preise am Immobilienmarkt schossen besonders in den Großstädten in die Höhe. Der schwedische Dachverband der Gewerkschaften LO schwärmte von einer „Super-Ökonomie“ mit 4 – 5% Wirtschaftswachstum für die kommenden Jahre. Alles hätten wir der Einwanderung zu verdanken, die ein Bevölkerungswachstum von bis zu 1,4% pro Jahr beschert, hieß es. Dies würde auch die Renten sichern.



Die strukturschwachen ländlichen Gebiete des nördlichen Schwedens leiden seit Jahrzehnten unter einer Abwanderung der Bevölkerung. Wer dort ein Haus bauen will, bekommt das Grundstück praktisch umsonst. Durch die Mechanisierung der Land- und Forstwirschaft haben seit dem Zweiten Weltkrieg einige Landstriche teilweise die Hälfte ihrer Bevölkerung verloren, weil vor es vor allen Dingen junge Menschen in die Ballungszentren zieht. Dort sind die Arbeitsplätze. Schulen, Krankenhäuser und Einkaufsmöglichkeiten sind dort vergleichsweise um die Ecke. Wer in Nordschweden lebt, ist oft mehrere Stunden für einen Arztbesuch auf einsamen Landstraßen unterwegs. Jungen Paaren werden seit einigen Jahren kostenlose Kurse für die Entbindung im Auto (bilförlossning) angeboten, falls sich der neue Erdenbürger nicht an die zeitlichen Absprachen hält, denn bis zur nächsten Entbindungsstation sind es vielleicht 100 km oder mehr.

In Nordschweden standen wegen des Bevölkerungsrückgangs  viele Wohnblöcke leer, die den Gemeinden gehören. Man dachte schon an einen Abriss. Nun kommen als Hoffnungsträger die Flüchtlinge und sorgen für Mieteinnahmen. Die Kosten für Miete, Sozialhilfe, Sprach- und Integrationskurse übernimmt die ersten zwei Jahre die Einwanderungsbehörde. Danach müssten die Neuankömmlinge fit für den Arbeitsmarkt sein, eine Anstellung finden und für sprudelnde Steuereinnahmen sorgen. So dachte man sich das jedenfalls.

Doch mindestens ein schwedischer Volkswirt sah bereits 2016 die Entwicklung etwas anders kommen. Der kurdisch-schwedische Wirtschaftswissenschaftler Dr. Tino Sanandaji, dessen Spezialgebiet die öffentliche Haushalte umfasst, rechnete auf Grund der bereits gesammelten Datenlage mit einer Kostenlawine. Nachfolgend sein Vortrag aus dem Jahr 2015, der sehr genau die Zukunft getroffen hatte:


Fakta om invandring- Fakten über die Einwanderung. Vortrag von Tino Sanandaji aus dem Jahr 2015 – und immer noch aktuell.

Sanadaji ist selbst Einwanderer und kam mit 9 Jahren aus Kurdistan nach Schweden. Leider ist sein Vortrag auf Schwedisch. Wer Schwedisch kann, sollte sich die Zeit nehmen.  Die Kernaussage seines Vortrages ist, dass Einwanderer im Durchschnitt auf Grund ihrer Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt viel zu wenig Steuern während ihres gesamten Lebens bezahlen. Dadurch sind die Rentenkassen belastet. Gleichzeitig steigen die Kosten für das Sozialwesen, was zu Einschnitten für das Schulwesen, für die Krankenversorgung, für die Altersversorgung und andere soziale Einrichtungen führen muss.

Die Grund liegt darin, dass Einwanderung in der Regel erst einmal eine schwere Umstellung bedeutet, die mit Kosten oder Verdienstausfällen verbunden ist. Die Sprache und die fremde Kultur mit ihren ungeschriebenen Gesetzen müssen erlernt werden. Es fehlt an notwendigen Netzwerken, welche die Jobsuche erleichtern würden. Schließlich sind zu geringe Schulbildung und eine fehlende adäquate Berufsausbildung die größte Hürde in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Zu viele der Einwanderer brauchen zu lange um eine Arbeit zu finden oder finden nie eine reguläre Festanstellung. Und wenn, dann sind es oft Anstellungen im Niedriglohnsektor, was ebenfalls zu unterdurchschnittlichen Steuereinnahmen führt. Wer als Erwachsener Analphabet ist, hat kaum eine Chance sich die notwendigen Qualifikationen für eine auf Hochtechnologie basierte Gesellschaft zu erlangen, die letztendlich durch ihre Produktivität für einen hohen Lebensstandard verantwortlich ist.

Dazu sei auch von mir ergänzend angemerkt, das dies auch der Grund ist, warum wirtschaftlich erfolgreiche Länder ihre Kinder frühzeitig in die Schule schicken  und viel Geld für die Bildung ausgeben. Die Kinder stattdessen in der Fabrik Hemden schneidern lassen, wäre kurzfristig betrachtet kostengünstiger. Langfristig betrachtet führt es in die sichere Armut. Wer das Pech hatte keine Schulbildung genießen zu dürfen, wird diese Versäumnisse als Erwachsener niemals trotz größter Anstrengung bei normaler Intelligenz entsprechend aufholen können, was für Betroffene eine bittere Erfahrung ist. Deshalb ist Kinderarbeit statt Schulbildung geächtet. Die Schäden dadurch sind unumkehrbar.

Dies alles führt insgesamt zu geringen Steuereinnahmen. Das BIP / Person sinkt dadurch. Der Lebensstandard sinkt. Zudem verlangt die schwedische Industrie mit ihren komplizierten Arbeitsprozessen nach sehr gut ausgebildeten Mitarbeitern. All diesen Anforderungen ist die Mehrzahl der Flüchtlinge nicht gewachsen.

Und so kam es auch. Die Förderprogramme der Einwanderungsbehörde laufen aus, die Gemeinden mit einer besonders großzügigen Einwanderungspolitik müssen die Kosten der Sozialhilfe selbst übernehmen. Der Gemeindehaushalt rutscht in die roten Zahlen. Gespart wird an allen Ecken. Dennoch ist auf Dauer keine Lösung in Sicht. Wer jung und gut ausgebildet ist, verlässt das sinkende Schiff und wandert ab. Arbeitsplätze gab es vorher nicht und sind auch in Zukunft nicht in Sicht.

Besonders betroffen von diesem finanziellen Fiasko, das nicht nur eine Enttäuschung für die Einwanderer bedeutet, die voller Hoffnungen ein neues Leben in Schweden suchten, ist die Gemeinde Filipstad. Sie steht examplarisch für die vielen kleinen Gemeinden auf dem Land, die durch die Einwanderung nach und nach ein Haushaltsdefizit beklagen müssen. Der staatliche TV-Sender SVT drehte in Filipstad darüber eine kritische Dokumentation:


SVT-Doku „Larmet från Filipstad“ (Alarm aus Filipstad) aus dem Jahr  2019 der Serie Uppdrag granskning.

Kommentar des  Youtube-Kanals, der den Film veröffentlichte: „“Es gibt keine Nachfrage für im Ausland geborene Analphabeten“ In Filipstad wohnen etwa 750 Erwachsene mit Ursprung aus Syrien, Somalia, Eritrea, Afghanistan und dem Irak. Fast alle kamen zwischen 2012 und 2017 hierher. Die Arbeitslosigkeit und Abhängigkeit von der Sozialhilfe ist in dieser Gruppe besonders hoch. Das Ausbildungsniveau ist niedrig.“

Die Gemeinde Filipstad (Stadt und Umland) hat etwa 10.600 Einwohner.

Wie sieht für Schweden die Prognose für das Jahr 2020 aus?  Ein sinkendes BIP / Kopf, was eine Verringerung des Wohlstandes bedeutet. Eine steigende Arbeitslosigkeit ist zu erwarten. Mit einer weiteren Abwertung der schwedischen Krone bei einem Leitzins von 0% ist zu rechnen. Eine dauerhafte Lösung der Haushaltskrise der schwedischen Gemeinden ist nicht in Sicht. Die Altersarmut steigt und ist die höchste in Skandinavien. Mit knappem Wohnraum in den Ballungszentren ist ebenfalls weiterhin zu rechnen.

 

PR-Desaster: Werbefilm der SAS weckt den Zorn der Gemüter – Oder ist Selbsterniedrigung eine Tugend?

Wie sich eine unbelehrbare Fluggesellschaft in ihrem Werbefilm als politische Institution  versteht und das Wertvollste opfert, was sie besitzt. Sie pfeift auf ihre treuen Kunden,  beraubt sie ihres Selbstverständnisses und degradiert sie damit zu einem Nichts. 

Als junger Mann vor drei Jahrzehnten war ich mal Filmemacher. Ich produzierte selbständig Werbe- und Imagefilme. Ganz groß kam ich nie heraus, aber für eine nationale Auszeichnung hatte es gereicht. Ich war also ganz gut, besser als viele andere. Und darauf bin ich sogar etwas stolz. Warum auch nicht? Das Schreiben der Drehbücher machte mir am meisten Spaß. Jede Szene wurde bis ins Detail durchdacht. Mein großes Vorbild Woddy Allen soll auch so einer gewesen sein. Mit ihm kann ich mich aber nicht messen.



Man stelle sich vor man müsste einen Werbefilm für eine skandinavische Fluggesellschaft SAS produzieren, der etwas zum skandinavischen Selbstbild erzählen soll. Damit es sympathisch herüberkommt, soll vielleicht noch alles mit einer Priese Humor und Selbstironie gewürzt sein. Die Schweden, Norweger, Dänen und Finnen sind nun mal so wie sie sind und das ist auch gut so. Deshalb machen so viele gerne in Nordeuropa Urlaub. Es gibt sogar Leute, die nach Schweden ausgewandert sind und es nach Jahrzehnten immer noch hier aushalten, was nicht immer ganz einfach ist. Aber so ist das mit der Liebe zu einem Land.

Also frisch ans Werk. Warum sollte man ausgerechnet in ein Flugzeug der SAS einsteigen? An dem korrekt geprüften Reifendruck des Bugrades liegt es sicherlich nicht. Das erledigen hoffentlich alle Mitbewerber. Was fällt einem beim Brainstorming wertfrei  von der Leber weg ein für einen gelungenen Werbefilm von ein paar Minuten?  Was soll rüberkommen? Die Gelassenheit und heitere Freundlichkeit, die vielen jungen Mädchen, die jeden anlächeln, die Fleischbällchen (köttbullar) als Nationalgericht. Die ruhige und entspannte Atmosphäre. Die Leugnung eines verregneten Sommers, damit etwas Humor im Werbespot aufkommt. Selbstverständlich darf der Sinn für eine hohe Sicherheitskultur, der  Sozialstaat, die Fürsorge für die eigenen Mitarbeiter und vor allen Dingen für die Passagiere, die sich gut aufgehoben wissen wollen, nicht fehlen. Und alles gewürzt mit der Bescheidenheit immer besser werden zu wollen. Damit lässt sich schon was anfangen. Zu lustig darf der Film allerdings nicht ausfallen, denn es dreht sich alles um Sicherheit und Verantwortung. Da hat eine Sektlaune in der Pilotenkanzel selbstverständlich keinen Platz. Ich will einen erfahrenen Piloten am Steuerknüppel wissen, der gut ausgeschlafen und emotional ausgeglichen seinen Job macht. Pilot und Copilot bilden ein Team, schauen sich gegenseitig auf die Finger und sind dankbar dafür. Mit den paar Ideen lässt sich schon was anfangen.

Und was segnet SAS als Werbefilm ab, der von einer dänischen Werbeagentur produziert wurde, die nun unter Polizeischutz steht, weil einige ganz schön sauer geworden sind und es zu einer Bombendrohung kam? Hier die für sicherlich viel Geld produzierten paar Minuten, die eine ganze Nation in Aufruhr zu bringen scheinen. Das Machwerk eines typischen PR-Desasters  wurde übrigens zeitweise von SAS vom Netz genommen:


Ein Werbefilm als Erziehungsmaßnahme. Der Film behauptet es gäbe absolut nichts, was skandinavisch ist. Dafür mutet der Clip dem Zuschauer einen miesen Schnitt, eine schlechte Ausleuchtung, unpassende Musik und eine abenteuerliche Kameraführung zu: Werbefilm der SAS. What is truly Scandinavien? 3394 Likes und 56.797 Dislikes zum Zeitpunkt des Schreibens ist auch eine Leistung. Offenbar haben die meisten Zuschauer die „Schnauze voll von der ewigen politischen Korrektheit der  verlogenen und depressiv verstimmten Selbsterniedrigung“. 

Es ist mir übrigens völlig egal, wer die Büroklammer oder die Fleischbällchen erfunden hat. Es kommt darauf an, was man daraus macht und wie man zu den Dingen steht. Aerodynamisch ausgefeilte Windkraftanlagen mit mittelalterlicher Technik zu vergleichen, ist Unfug. Eine Fluggesellschaft sollte da schon mehr technischen Durchblick besitzen, damit ihre Flugzeuge nicht vom Himmel fallen. Der Film ist dumm.  Falsche Bescheidenheit ist nur ein mieser Trick, der leicht zu durchschauen ist. Da fällt schnell der Vorwurf des moralisch herablassenden Gutmenschen, dem es nur um das eigene Ego geht. Den Machern dieses Films gehört gehörig der Kopf gewaschen, um wieder auf den Teppich zu kommen.

Wenn sich jemand selbst in den Schmutz zieht, dann ist das seine Sache. Dann schadet er jedoch sich selbst und sollte lieber daran arbeiten ein gesundes Selbstvertrauen zu entwickeln, das mit Gelassenheit und Humor Selbstkritik verträgt und zur Reflexion fähig ist. Niemand ist perfekt und niemand erwartet den perfekten Menschen, die perfekte Firma und eine perfekte Welt, denn das ist alles nur Schein und Trug. Ehrliche Menschen, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen ohne abgehoben zu sein, sind den meisten unter uns angenehm. Von denen kaufen wir auch was, zu Beispiel ein Flugticket oder eine Tüte Bonbons.

Aber den Großteil seiner meist skandinavischen Kunden in den Schmutz zu ziehen und mit kindlicher Stimme oberlehrerhaft vorzuführen, es gäbe doch überhaupt nichts typisch Skandinavisches, kommt einer Abwertung und Erniedrigung der eignen Kunden gleich. Mein Tipp: Nichts bei Firmen kaufen, die ihren eigene Kunden nicht wertschätzen. Dazu muss man nicht  Werbepsychologie studiert haben. Das weiß jeder Handwerker, jeder selbständige Arzt, jeder Rechtsanwalt, jeder Taxifahrer und jede Putzfrau.

Was ist da in den Köpfen schief gelaufen? Jeder Mensch hat eine kulturelle Identität als Teil seiner Persönlichkeit, die einem verhilft zu verstehen, woher man kommt, warum man so ist und wohin es vielleicht geht. Das bisschen gesunder Nationalstolz führt nicht automatisch zu einer Vorliebe für Fallschirmspringerstiefel, zu Kriegsgelüsten, zu gegenseitigen Beleidigungen und zu Streitereien, wie manche glauben. Im Gegenteil verhilft dieses Bewusstsein zu innerer Zufriedenheit, im günstigsten Fall sogar zu Rücksichtnahme und Toleranz auf Gegenseitigkeit.  Der gefestigte Mensch, der weiß, wer er ist und wo er steht, fühlt sich wohl in seiner erlernten Rolle als Schwabe, Badener, Münchner, Kenianer, Same, Deutscher, Schwede, Inder oder was weiß ich. Der Wunsch einer Gemeinschaft oder Gruppe angehörig zu sein, die ähnlich tickt und die gleiche Sprache spricht, schafft Sicherheit und Geborgenheit. Das ist völlig natürlich. Selbstverständlich hält man deshalb zu Seinesgleichen und ist vielleicht auch etwas stolz auf das, was die eigene Kultur geleistet hat. Beim Durchblättern der Geschichtsbücher werden wir feststellen, das entsetzlich viel schief gelaufen ist. Aber man lernt ja aus den Fehlern der Vergangenheit, übernimmt ohne sich mit Schuldgefühlen zu plagen die geschichtliche Verantwortung und ist froh oder gar dankbar, dass die Generationen vor mir das Auto, die warme Dusche, das Klopapier, die Heizung und all die unzähligen Dinge entwickelt und aufgebaut haben, die mir ein gutes Leben ermöglichen. Und daran waren auch andere Kulturen beteiligt, die wir ebenfalls wertschätzen. So kommt man miteinander klar, obwohl es Unterschiede gibt – und ohne sein eigenes Licht unter den Scheffel zu stellen.

Und es ist schön sich inzwischen als Otto Normalverbraucher in den Flieger setzen zu können ohne Angst zu haben, weil die Fluggesellschaft hoffentlich weiß, worauf es ankommt. Nach diesem wirren Werbefilm kommen jedoch Zweifel auf.

Natürlich träume ich auch  von einer friedlichen globalen Welt ohne Krieg und Chauvinismus, in der sich jeder frei bewegen kann. Selbstverständlich will das auch eine international aufgestellte Fluggesellschaft, weil sie damit Geld verdienen kann und auch muss. Dieses Ziel erreicht man jedoch nicht durch ein abwertendes Verhalten gegenüber sich selbst, der eigenen Kulturleistungen und anderen. Und auch nicht durch die Verleugnung seiner eigenen Geschichte und Herkunft. Das langfristige Ziel einer Weltgemeinschaft lässt sich nur durch den Dialog der unterschiedlichen Kulturen erreichen. Nichts ist interessanter als die Sichtweise der Anderen, von denen man lernen kann. Dafür braucht es Zeit. Weltbürger wird man nicht durch Selbstverleugnung im Crashkurs.

Eine längst überfällige Diskussion ist jetzt losgetreten,  wie eine Google-Suche mit den Begriffen SAS reklamfilm kritikstorm mit bis jetzt über 11.000 Suchergebnissen offenbart. Ich hoffe nur, dass nicht nur SAS aus dieser Lektion lernt. Schließlich will ich weiterhin mit SAS die Welt erkunden können.

Nachtrag vom 15.2.2020: Dieser SAS-Werbefilm mit seinem ideologischen Erziehungsauftrag scheint offenbar in der schwedischen Gesellschaft den Dampfkochtop zum Platzen zu bringen. Irgendwann reicht es, wenn eine Gesellschaft immer mehr Steuern und Abgaben bezahlen muss und dafür als Gegenleistung den Abbau des Sozialsstaates erhält. Und dann muss man sich noch seit Jahren aus verschiedenen Seiten anhören, dass es die eigene Identität eigentlich nicht gibt, denn es gäbe absolut nichts Schwedisches oder Skandinavisches. Man ist also ein Niemand. Wenn man dann mit den Jahren in einigen Gegenden seine eigene Heimat nicht mehr wiedererkennt, fängt für viele die Bedrohungslage an. Dies erinnert mich an eine Gehirnwäsche durch Depersonalisierung diktatorischer Staaten. Henrik Jönsson hat dies in seinem wirtschaftsliberalen Youtube-Kanal bestens ausformuliert:


SAS OCH KULTURKRIGET: Vart leder politiseringen av näringslivet? – SAS und der Kulturkrieg: Wohin führt die Politisierung der Wirtschaft? Schwedisch mit englischem Untertitel.

In das gleiche Horn bläst der Kommentar von Paula Ternström auf „Det goda samhället“ (Die gute Gesellschaft) mit der Überschrift „Min motståndsidentitet börjar vakna“ (Meine Widerstands-Identität fängt an zu erwachen). Wer Interesse hat, kann sich bei den zahlreichen Online-Übersetzungsprogrammen bedienen, welche inzwischen recht brauchbare Übersetzungen anbieten.

Und wie hat SAS bisher auf ihre PR-Katastrophe reagiert? Die Fluggesellschaft hält weiterhin fest an der Botschaft ihres Videos. Sie behauptet hinter dem Sturm der Kritik würde auf Grund des Verhaltensmusters der Reaktionen ein gezielter Angriff stehen die eigene Kampagne zu „kidnappen“ (Quelle: SVT).  Die offizielle Stellungnahme von SAS ist unter https://www.sasgroup.net/en/med-anledning-av-sas-reklamfilm-what-is-truly-scandinavian/ zu finden. Mein Schlusssatz: Eine Fluggesellschaft mutiert zu einer politischen Institution und opfert dafür ihre Kunden.

Die Verleugnung der eigenen Kultur hat für ein Einwanderungsland wie Schweden noch einen ganz anderen Haken. Einwanderer möchten die neue Kultur in der Regel verstehen und sich meistens anpassen. Sagt man ihnen dann Schweden habe keine Kultur, so glauben sie es meistens nicht, denn es ist ihnen unvorstellbar, da sie wissen, dass sie aus einer anderen Kultur stammen. Also gehen die meisten Einwanderer davon aus, dass man ihnen die neue Kultur vorenthalten möchte. Sie gehen davon aus, dass sie Außenseiter bleiben sollen. Dies hat fatale Folgen. Dadurch scheitert die Integration, denn man kann sich nur in eine neue Kultur integrieren, wenn sie mit ihren Regeln angeboten und erklärt wird. Die ungeschriebenen Regeln des neuen Landes werden bewusst gebrochen. Das Niemandsland scheint zur Eroberung einzuladen. 

Nachtrag in eigener Sache zum Fliegen und zur Fimgestaltung: Ich will  den alten Zeiten keineswegs nachjammern. Das heutige Leben ist viel angenehmer. In einer lahmen Super Constellation oder Super Star mit einer verqualmten und lauten Innenkabine hätte ich keine Lust mit 500 km/h in niedriger Höhe den ganzen Tag über den Atlantik zu rumpeln, bis man durch die vielen Drinks an Bord halb beschwipst aus dem Flugzeug schwankt. Aber der nachfolgende Werbefilm der Lufthansa aus dem Jahr 1958 ist nach meinem Geschmack:


Gediegenes Filmhandwerk: Willkommen an Bord. Werbefilm der Lufthansa aus dem Jahr 1958.

Aus heutiger Sicht wirkt der Film manchmal etwas komisch und gekünstelt. Trotzdem schön. Damals hätte ich mir ein Flugticket in die USA nicht leisten können. Dem technischen  Fortschritt sei Dank, dass Fliegen kein Privileg der Superreichen mehr ist.

Verlassene Orte in Schweden

In Schweden existieren durch die Landflucht und den industriellen Umbruch bedingt viele verlassen Orte und Gebäude, die zu einer Entdeckungsreise einladen. Auch in Schweden ist das Betreten solcher Gebäude selbstverständlich verboten. Nachfolgend ein paar Tipps:

https://www.tidensgang.se/

http://www.tilltradeforbjudet.se/

http://glomdhistoria.se/

https://byggtjanst.se/acdmy/del-1-overgivna-platser-i-svensk-byggnadshistoria/

http://www.notisar.se/7-overgivna-hus-i-sverige-ger-en-spoklik-kansla/

https://www.expressen.se/leva-och-bo/hemma-hos-5/hemnet/mentalsjukhuset-overgavs-se-de-kusliga-bilderna-inifran/

http://www.viralking.se/mentalsjukhuset-overgavs-2004-se-de-kusliga-bilderna-inifran


Das verlassene psychiatrische Krankenhaus in Kramfors mit Meeresblick

Mit etwas Geduld findet man die meisten Standorte heraus. Oder man genießt einfach nur die schönen Bilder.

 

Flohmärkte in Schweden

Flohmärkte findet man am Straßenrand oder überdacht. Angezeigt werden sie durch ein Schild mit der Aufschrift „loppis“. Träger dieser Flohmärkte sind kommerzielle Anbieter, private Anbieter oder gemeinnützige Vereine.

Die Öffnungszeiten sind unterschiedlich. Viele sind nur an den Wochenenden während der Sommerzeit geöffnet. Im Internet findet man weitere Angaben, die allerdings oft nicht aktualisiert sind. Schwedische Flohmärkte kommen und gehen.

Neulich war ich im Flohmarkt in Svärtinge, der in einer großen Scheune untergebracht ist und hauptsächlich Gerümpel aus Haushaltsauflösungen anbietet. Von Richtung Norrköping kommend auf der R51 die erste Ausfahrt nach Svärtinge abbiegen, dann nach einigen 100 Metern die erste Ausfahrt nach links und dann gleich nach rechts. Unweit davon gibt es eine Pizzeria und reichlich Parkplätze.