Unsere Online-Einbürgerung mit Tücken
Der Erhalt unserer schwedischen Staatsbürgerschaft verlief auf Grund eines Missverständnisses mit einigen Tücken. Aber zu guter Letzt ging es dann auf typisch schwedische Art vollkommen unbürokratisch und ganz schnell.
Im Sommer 2011 stellten wir fest, dass wir nun schon etwas mehr als 5 Jahre in Schweden leben und somit nicht nur das permanente Aufenthaltsrecht (PUR) erhalten, sondern auch die schwedische Staatsbürgerschaft beantragen können – und letzteres sogar online auf der Seite der schwedischen Einwanderungsbehörde (migrationswerket). Zudem können Deutsche ihre Staatsangehörigkeit behalten. Na dann mal los. Unter Ablauf einer Einwanderung ist übrigens der normale Weg beschrieben.
Eine Vorraussezung für den Erhalt der schwedischen Staatsbürgerschaft ist der ununterbrochene Aufenthalt von fünf Jahren in Schweden. Kurze Auslandsaufenthalte, die beruflich oder als Urlaub bedingt sind, werden natürlich nicht mitgerechnet. Dies hatten wir erfüllt. Außerdem muss man nach der EU-Direktive das permantene Aufenthaltsrecht (PUR) besitzen. Dieses erhält man automatisch nach 5 Jahen in Schweden, wenn man sich in dieser Zeit als Einzelperson oder Familie selbst versorgen konnte. Eine Bestätigung des PUR ist nicht notwendig. So stand es ausdrücklich auf der Seite der Einwanderungsbehörde.
Nach den Bestimmungen durften wir davon ausgehen, dass meine Frau und ich die PUR besitzen. Also haben wir einfach auf der Web-Seite der Einwanderungsbehörde das Online-Formular ausgefüllt. Unter anderem wurde nach der PUR gefragt, welche wir mit „ja“ beantworten konnten. Nach etwa 20 Minuten war das Formular ausgefüllt und abgeschickt. Nach weiteren 10 Minuten war die Gebühr von jeweils 1500 Kronen (etwa 170 Euro) ebenfalls online überwiesen. Nun musste das Formular nur noch ausgedruckt, unterschrieben und zusammen mit dem deutschen Pass an die Einbürgerungsabteilung abgeschickt werden. Wir rechneten mit einer Bearbeitungsdauer von etwa vier Wochen.
Drei Wochen später kamen unsere Pässe wieder zurück mit den Hinweis, es fehlte noch die Bestätigung des PUR. Darüber waren wir doch sehr überrascht, denn der Behörde lagen ja schon alle Informationen vor, um selbst zu überprüfen, dass wir das PUR besitzen. Ein Anruf bei der Sachbearbeiterin ergab, dass wir uns das PUR bei einer anderen Abteilung, der tillståndsenheten, bestätigen lassen müssen. Ansonsten hätten wir ja alle Voraussetzungen sowohl für die PUR als auch für die schwedische Staatsbürgerschaft. Die PUR würde etwa 3 Wochen dauern und die schwedische Staatsbürgerschaft nochmals 2 Wochen. Und dann wären wir Schweden. Wir verblieben dann so, dass ich mich umgehend um die Bestätigung PUR kümmern würde, denn das sei ja nur eine reine Formsache.
Der schwedische Nationalfeiertag in Stockholm an einem 6. Juni. In Stockholm sind die neuen schwedischen Staatsbürger aus Stockholm zu einer Feier ins Reichstagsgebäude eingeladen ( Bildquelle: Ola Ericson/imagebank.sweden.se ).
Sogleich kopierten wir alle notwendigen Unterlagen für die PUR und schickten sie an die tillståndsenheten. Drei Wochen später kam dann wieder ein Brief von der tillståndsenheten zurück, wir sollten lückenlos unser Einkommen der letzten 5 Jahre nachweisen. Auch dies hatten wir umgehend gemacht. Dabei war die Besonderheit, dass ich das erste halbe Jahr Alleinverdiender war und als Selbständiger meine Steuern bis zum Jahresende des ersten Jahres in Schweden weiterhin nach Deutschland zahlen musste, weil ich bereits in Deutschland selbständig war. Auf Grund eines Steuerabkommens hatte ich keine andere Wahl. Damit hatte aber die tillståndsenheten Schwierigkeiten. Nach drei weiteren Wochen kam also wieder ein Brief zurück mit einer Ablehnung unseres PUR, weil wir ja erst seit 4 1/2 beweisen können, dass wir nach der EU-Direktive legal im Land leben. Die Bestätigung unserer PUR war also abgelehnt und damit hatten wir noch keine Möglichkeit der Einbürgerung.
Fast gleichzeitig kam von der Abteilung für Einbürgerung per E-Mail die Nachfrage, wo denn die versprochene Bestätigung der PUR bleiben würde. Umgegend erklärte ich den ganzen Sachverhalt noch einmal per E-Mail. Eine Reaktion blieb aus.
Einige Monate später dann erhielt ich kurz vor Weihnachten zu meiner größten Überraschung einen Anruf von der Abteilung für Einbürgerung und ich erkannte die Stimme der Sachbearbeiterin sofort wieder. Sie sagte mir, man hätte die Sache nochmals überprüft und wir hätten nun die PUR. Als dann noch die Frage von ihr gestellt wurde, wann wir denn so schnell wie möglich unsere Pässe einschicken könnten, fiel ich aus allen Wolken.
Wegen diverser Auslandsreisen konnten wir erst einige Wochen nach Weihnachten unsere Pässe einschicken. Wir einigten uns auf einen Termin, an dem wir die Pässe zuschickten und vier Arbeitstage später erhielten wir bereits die Urkunden über unsere schwedische Einbürgerung. So schnell kann es plötzlich gehen.
Die Überreichung der Einbürgerungsurkunden (bevis om svenskt medborgarskap) war denkbar unpathetisch. Im Briefkasten lagen zwei Mitteilungen von der Post, dass Einschreibebriefe in der Postfiliale abzuholen seien. Diese Postfiliale liegt in einem Supermarkt. Wir sind dann sogleich hingefahren, haben diese Mitteilungen und unsere ID-kort (Ausweise) vorgelegt. Darauf holte dann der Angestellte zwei große DIN-A4-Umschläge hervor. Diese war ein gutes Zeichen, denn normalerweise kommen Ablehnungen in DIN-A5-Umschlägen daher. Mit etwas Herzklopfen öffneten wir die Umschläge sogleich im Supermarkt in einer ruhigen Ecke zwischen Getränkekisten. Und siehe da – neben unseren Pässen kamen auch unsere Einbürgerungsurkunden zum Vorschein, die bestätigten, dass wir seit dem Vortag schwedische Staatsbürger sind. Daheim angekommen haben wir dies mit einem Fläschchen Sekt gefeiert. Übrigens waren wir ja fast einen Tag lang Schweden, ohne etwas davon zu ahnen.
Insgesamt hat es bei uns 5 1/2 Monate gedauert, wobei die eigentliche Einbürgerung, wenn man den Erhalt der PUR nicht mitrechnet, nur drei Tage dauerte. Der Witz dabei ist, dass unsere PUR uns niemals schriftlich bestätigt wurde. Dies ist jetzt auch nicht mehr notwendig, da wir als schwedische Staatsbürger auf jeden Fall das absolute Recht auf Aufenthalt und das absolute Recht zu arbeiten besitzen. Die schwedische Staatsbürgerschaft kann auch nicht widerrufen werden. Wir sind also Schweden. Wir sind keine Ausländer mehr und wir leben auch nicht mehr im Ausland. Daran mussten wir uns jetzt gewöhnen.