Bullerbü und Inga Lindström: Das verklärte Schweden-Bild
Die meisten werden es schon mitbekommen haben, dass Schweden sicherlich ein nettes Land ist, aber keinesfalls das Paradies auf Erden. Doch in vielen ausländischen Köpfen scheint ein eher verkitschtes Bild von Schweden zu existieren, in welchem immer herrlichstes Sommerwetter herrscht und alle Schweden ein rotes Häuschen am See besitzen, selbstverständlich mit eigenem Anlegesteg und eigenem Segelboot. So ist die Wirklichkeit selbstverständlich nicht.
Das Bullerbü-Syndrom: Mit diesem Begriff wird eine verklärterte und idealisierte Vorstellung vieler Deutschen angesprochen, die entweder noch nie in Schweden waren oder Schweden nur aus dem Sommerurlaub kennen. Der Begriff wurde 2007 von Berthold Franke, dem damaligen Direktor des Goehte-Instituts, durch sein Essay in der schwedischen Tageszeitung Svenska Dagbladet geprägt (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Bullerb%C3%BC-Syndrom). Dieser Bullerbü-Artikel kann unter http://www.svd.se … tyskarna-har-hittat-sin-bullerbu. svd nachgelesen werden. Der Begriff Bullerbü geht auf die Kinderbuchreihe "Wir Kinder aus Bullerbü" der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren zurück. Bullerbü wird auf Schwedisch "Bullerby" geschrieben und bedeutet frei übersetzt so viel wie "Lärmdorf". So leise und romantisch geht es in Bullerby also auch nicht zu. Trotzdem wollen viele Deutsche unbedingt nach Bullerbü, obwohl das Kindergeschrei dort sicherlich Anlass zu genug Nachbarschaftsstreitereien liefern würde.
Solche Bilderbuchlagen in der Nähe von Stockholms Innenstadt bleiben auch für die meisten Schweden ein unerreichbarer Traum. An Ufernähe darf nur in seltenen Ausnahmefällen gebaut werden. Zudem ist dieses Bild in der Nähe von Stockholm aufgenommen worden. Eine bessere Lage ist kaum vorstellbar. Wer hier wohnt, muss zu den reichsten der reichen Schweden gehören.
Von einem Häuschen am See träumen übrigens auch viele Schweden. Doch selten wird eine Baugenehmigung in unmittelbarer Ufernähe erteilt. Entsprechend teuer sind solche Lagen. Meistens muss ein Uferstreifen von etwa 150 m der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden, selbst wenn einem das Ufergrundstück gehört. (Bildquelle: Björn Tesch/imagebank.sweden.se)
Wohnsilo in Malmö Rosengård. So sieht die Wirklichkeit vieler Schweden aus, welche in der Nähe einer Großstadt leben wollen oder müssen (Bild-Quelle: Wikipedia, Fred J).
Inga-Lindström-Filme des ZDF: Sie haben auch zum Bullerbü-Syndrom beigetragen. Diese Romanzen der Autorin Christiane Sadlo haben abgesehen von dem Drehort Schweden wirklich rein garnichts mit Schweden zu tun. Die Schauspieler stammen aus Deutschland. Das Verhalten und die Art zu kommunzieren ist typisch deutsch. Alle Schweden scheinen am Wasser zu leben. Das Wetter ist immer schön, was man von Schweden wirklich nicht behaupten kann.
Film zu den Dreharbeiten des Inga-Lindström-Film "Das Herz meines Vaters", welcher am 27.12.2009 vom ZDF ausgestrahlt wurde und auf dem Schloss Mauritzberg gedreht wurde.
Schweden dient nur als neutrale Kulisse, um eine idealisierte Vorstellung von einem Deutschland zu schaffen, dass sich viele Deutsche wünschen. Schweden wurde deshalb gewählt, weil viele Zuschauer das wirkliche Schweden nicht kennen und deshalb die Idealvorstellung beim Betrachten des Films nicht zerstört werden kann. Trotzdem werden diese Filme auch gerne von in Schweden lebendenden Auslandsdeutschen wider besseren Wissens angeschaut, um einfach mal dem schwedischen Alltag zu entschweben. In dieser Hinsicht sind die Inga-Lindström-Filme einfach geniale Konstruktionen.
Zwei der Inga-Lindström-Filme wurden übrigens im schwedischen Fernsehen (auf Deutsch mit schwedischen Untertitel) 2009 ausgestrahlt. Die meisten Schweden fanden die Filme etwas merkwürdig und verstehen nicht, warum die Deutschen von Schweden so viel halten. Sicherlich beruht dies auf Gegenseitigkeit, denn die meisten Schweden finden die Deutschen auch ganz in Ordnung. Viele Schweden sind sogar stolz darauf deutsche Vorfahren in ihrem Stammbaum nachweisen zu können.